Mittwoch, 30. September 2009

Prognosen

Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir laut Kalender endlich den Sommer begrüssen durften. Ich bin der Ansicht, dass wir dieses Jahr wirklich verwöhnt wurden, was Sonnenschein und Temperaturen betrifft - zumindest im Vergleich zum letzten Jahr. Wirklich - vom Mai bis jetzt, Ende September, konnte man praktisch immer im kurzen Trikot trainieren, was die Lebens- beziehungsweise Trainingsqualität ordentlich steigert.

Derzeit blicke ich auf eine Saison zurück, die nicht gerade ein Highlight, sicher jedoch nicht schlecht war. Das letzte vergleichbare Jahr war 2006 - mein erstes Jahr als lizenzierter Pro-Athlet auf der Langdistanz.
Dieses Jahr fühlte ich auch auf der kurzen Distanz endlich wieder den gewohnten Druck. Der Ironman stellte mich nicht wirklich zufrieden, da ich mir mehr erhofft hatte - oder weniger, wenn man die Endzeit ansieht.
Doch dann kam die "Wende" - neuer Lungenarzt, neue Diagnose, neue Dosierung der Medikamente. Nach zwei Wochen praktisch ohne Medikation konnte ich in Locarno meine ehemalige Bestzeit von 4:11 Stunden um ganze sieben Minuten nach unten drücken und das, obwohl mir auf dem Rad die Kette 'raussprang und ich auf der Laufstrecke mit leichter Atemnot zu kämpfen hatte.
Es lief gut. Ich war zufrieden mit dem Wettkampf und fühlte mich gut vorbereitet für den noch ausstehenden Saison-Abschluss in Barcelona.

Morgen früh geht es los - ich werde mit dem Auto durch Frankreich fahren und in Pineda de Mar absteigen, etwa einen Kilometer vom Austragungsort Calella entfernt.
Die letzten Tage waren alles andere als eine optimale Vorbereitung - da ich die meiste Zeit mit meiner Band "Sláinte" im Tonstudio verbrachte, kam das Training natürlich zu kurz. Klar - so nahe am Wettkampf lässt sich an der Endform nichts mehr machen, doch fürs gewissen wäre es schon beruhigend gewesen, die eine oder andere Stunde im Sattel verbracht zu haben. Der mentale Stress tat sein übriges - und alles in allem macht es sehr schwer, eine Prognose für die Challenge zu stellen.
Ich weiss nicht, was auf mich zukommen wird in Spanien. Vielleicht klappt alles, und mir gelingt ein fantastisches Rennen. Das hoffe ich.
Mein persönliches Ziel ist es, bei dem Rennen alles zu geben, was ich habe. Die Saison mit einem Rennen abzuschliessen, von dem ich am Ende sagen kann: das war das Maximum. Mehr ging nicht.

Ich wünsche allen einen guten Saisonausklang - sei dies beim wohl verdienten Bier im Garten oder bei der Reise nach Hawaii. Der Winter kommt schnell genug, die nächste Saison schleicht sich bereits an. Geniesst die Zeit, die ihr völlig stressfrei an der Sonne verbringen könnt, ohne zu frieren! Ich freue mich auf ein schnelles und hartes Rennen in Calella und werde mich von dort wieder melden.

Herzlichst,

Fabian

Mittwoch, 2. September 2009

Experimente

Im Sport gibt es viele Dinge, die nicht ganz perfekt laufen. Fairness im Wettkampf ist ein Stichwort mit welchem man stundenlange Debatten auslösen kann.
Ich betrachte mich selbst als einen tendenziell sehr fairen Athleten. Nur "tendenziell" deshalb, weil man nicht wirklich kontrollieren kann, wem man beim Schwimmstart nun eins überbrät. Weil es praktisch unmöglich ist, am Verpflegungsstand nur eine der gleich drei entgegengestreckten Geltuben zu erwischen und somit andere zu berücksichtigen. Weil es manchmal einfach nur blöde ist, selbst "fair" (das heisst, alleine und ganz ohne Windschatten) zu fahren, wenn linker Hand Pulks mit dreissig, vierzig Athleten Rad an Rad an einem vorbeiziehen.

Seit meiner Kindheit kämpfe ich mit einem Problem, welches im Sport, gerade im Spitzensport, oft als Vorwand, als Mittel zum Zweck missbraucht wird: ich bin Asthmatiker.
Wurde in früheren Jahren noch versucht, dieser Krankheit mit Homöopathie Herr zu werden (was mir schlaflose Nächte, eine Allergie gegen Schafswolle und die Prophezeiung einbrachte, niemals in meinem Leben Sport treiben zu können ohne mich umzubringen), fand auch ich vor unterdessen über zehn Jahren zur Schulmedizin. Und nicht lange darauf zum Sport.
Nur: Seither bin ich, mal mehr, mal weniger, darauf angewiesen, Medikamente zu mir zu nehmen, die, wie man so schön sagt, auf der schwarzen Liste stehen.
Es verstand sich für mich von selbst, dass diese Medikation bei den diversen Sportverbänden wie Swiss Olympic oder dem Tri Austria gemeldet wurde. So füllte ich jedes Jahr die entsprechenden Formulare der Anti-Doping-Gesellschaften aus und wurde registriert. Nur: da meine Medikamente in eine Sparte fielen, wo man von "vereinfachtem Verfahren" sprach (oder zu Deutsch: Doktor unterschreibt's, bewilligt wird's), wurde mir sehr bald klar - so ein Wisch mit der unterschriebenen Bewilligung sagt gar nichts aus. Praktisch jeder, der das wollte, bekam den Stempel des Okay auf die Verwendung von Medikamenten, welche die Lungenfunktion unterstützen - und noch weitaus mehr. Das traurige an der Sache ist, dass mir mehr als nur ein Athlet dies bestätigten - ohne dabei rot anzulaufen.

Doch offenbar ist damit nun schluss. Ab diesem Jahr, also 2009, reicht es nicht mehr, sich vom Arzt ein Mittelchen verschreiben zu lassen - man muss seine Krankheit per vorgeschriebenem Test nachweisen. Das heisst, ein Athlet der unter "Leistungsasthma" leidet (also Atemnot, welche sich bei Belastungen einstellt), wird auf einen Ergometer geklemmt und muss sich dort unter ärztlicher Aufsicht so richtig die Kante geben, bevor irgend etwas bewilligt wird. Bei akuten Permanent-Asthmatikern (somit auch bei mir) wird ein Methacholin-Test gefordert - ein Lungenfunktionstest mit anschliessender Inhalation von Asthma-provozierenden Stoffen.

Gestern war es für mich so weit - ich hatte meinen Test. Eine Woche zuvor "durfte" ich die Medikation gänzlich absetzen, und dann wurde gemessen.
Ich habe mich selten in meinem Leben so unwohl gefühlt wie in dieser Kabine - bereits nach der dritten Abgabe des Methacholins musste der Test abgebrochen werden, weil meine Lungenfunktion auf weit unter 80% des Standards gefallen war. Die Nachwirkungen merke ich auch noch heute, am Morgen danach, und wenn ich mich an meinen letzten solchen Test erinnere, dann wird es auch noch ein Weilchen dauern, bis ich wieder voll einsatzfähig bin. Mein Asthma ist leider noch immer vollkommen real - doch dank dem Sport fällt es mir zunehmend leichter, diese Krankheit zu kontrollieren.

Für mich heisst das konkret: Locarno wird ein Experiment. Ich möchte auch weiterhin nicht von meiner Schiene abweichen und werde den Wettkampf stattdessen ohne Medikation angehen - die wird erst wieder eingesetzt, wenn das Methacholin vollständig ausgeschafft ist.
Im Hinblick auf meine Ambitionen an der Challenge Barcelona ist es mir wichtig, von selbst wieder vollends zu genesen - auch wenn das heisst, am Sonntag anderen den Vortritt zu lassen.

Doping im Triathlon ist, wie überall, unterdessen leider definitiv ein Thema. Und während die meisten der Top-Athleten so gut kontrolliert werden, dass die Nationalen Dopingagenturen sogar bescheid wissen, wenn mal ein Aspirin genommen wird, so beginnen mehr und mehr Breitensportler damit, Medikamente zu missbrauchen um ihre Leistung zu erhöhen. Dies ist leider weder eine Frustaussage meinerseits noch eine Düstere Legende, sondern eine Tatsache, über die man nicht hinwegsehen darf.
Die WADA (World Anti Doping Agency) unternimmt immer wieder neue Schritte, um das zu verhindern (die oben genannten Anpassungen der Bestimmungen bezüglich Anti-Asthmatiker waren ein solcher Schritt), doch am Ende liegt die Verantwortung vor allem bei uns: den Athleten.

Darum mein Appell an euch da draussen: bleibt fair. Macht einmal einen Abstecher auf die entsprechenden Seiten im Internet, lest die Wettkampfregeln durch - und freut euch, wenn ihr einen Wettkampf aus eigener Kraft beendet habt. Denn darum geht es doch schliesslich, oder?

www.antidoping.ch - die Anti-Doping-Gesellschaft der Schweiz

www.nada.at - die Nationale Anti Doping Agentur Österreich

http://www.wada-ama.org/en/ - die World Anti Doping Agency

Herzlichst,

Fabian