Donnerstag, 19. Februar 2009

Winterfreuden

Seit einigen Jahren schon gibt es in der Schweiz eine Unart Namens "Gratiszeitungen". Praktisch jedes Tagblatt, das etwas auf sich hält, publiziert unterdessen einen Gratisverschnitt des Originals. Die wohl bekannteste und auch in diesem Sinne traditionsreichste heisst "20 Minuten"und könnte wohl als die schmutzige Unterhose des Tagesanzeigers bezeichnet werden.
Doch mit der Lancierung dieses Heftchens wurde eine regelrechte Lawine losgetreten, was dann irgendwann, oder besser, vor etwa einem Jahr, im "Blick am Abend" gipfelte. (Für alle Deutschen: der Blick ist die "Bild" oder die "Bunte" der Schweiz.)
Und im Blick am Abend bekommt, endlich, das Schweizer Folk eine Stimme! Jawohl! Piepegal, dass es hier zu Lande die Demokratie wohl schon länger gibt als Druckerpressen - endlich hat das Volk. Eine. Stimme. Früher brauchte es dazu einen Robbespierre und die Bastille - heute reichen "aufgestellte" Reporter und das Ringier-Pressehaus. Die Zeiten haben sich geändert.

Wie dem auch sei - so oft über diese Blätter gelästert wird, so häufig werden sie gelesen, und ich muss zugeben, dass ich da auch keine Ausnahme bin. Die liegen dermassen zahlreich in den Zügen herum, man kommt gar nicht umhin, sich auf den neusten Stand zu bringen. Updaten, wie es ja unterdessen heisst.
Im Blick am Abend erfahren wir von den Geschehnissen des Tages, und zwar immer und ausschliesslich nach klaren Regeln der Priorität: so weiss man zum Beispiel stets zuerst, welcher Promi Geburtstag hat oder gerade mal wieder schwanger geworden ist. Dann erst kommen Nebensächlichkeiten wie der Untergang eines Öltankers oder aber ein weiterer Selbstmordanschlag im fernen Osten.
So geht es weiter, man wird gespickt mit News, Party-Tipps und allem, was hip und in ist. Am Ende dürfen sich immer zwei hoffnungsvolle Singles vorstellen, und dann gibt es da noch das "Schatzchäschtli", wo viele Leute sich per SMS und ganz öffentlich bei "ihrem Schatzi" dafür bedanken, dass sie Zeit mit ihm oder ihr verbringen durften, denn sie hätten in ihm/ihr den Mann respektive die Frau für's leben gefunden und überhaupt waren die vergangenen drei Wochen, die die Beziehung nun schon dauert, die schönsten des Lebens.
Da wird einem doch so richtig warm ums Herz - umso erstaunlicher fand ich daher das "Winter-Special" vom letzten Montag. Da hörte man Volkes Stimme dröhnen: es reicht uns jetzt mit dem Winter! Genug vom Schnee, wir wollen Sonne! Und quer durch die ganze, ich nenne es mal "Zeitung" hindurch kamen immer wieder Leute zu Wort, die ihr empörtes Statement abgaben und befanden, dass es nun genug lang Winter war. (Vor zwei Wochen, wie es warm wurde, plärrten exakt die gleichen Fratzen nach mehr Schnee, weil das ja so kein Winter nicht sei und überhaupt gehe die Klimaerwärmung jetzt deutlich voran, es ist an der Zeit, dass man aktiv wird...)

Nun denn. Ich freue mich über den Schnee, das habe ich auch bereits kundgetan. Es ist Februar, und bitte sehr: da darf es kalt sein. Lieber jetzt als im Mai, und abgesehen davon ist es schön, mal wieder durch verschneite Wälder zu rennen und den Schnee unter den Füssen knirschen zu hören. Aber vielleicht bin ich da ja eine Ausnahme.
Heute Morgen stand bei mir ein Nüchternlauf auf dem Programm, das heisst: ohne Frühstück ab in die Kälte. Und kalt war es, das Thermometer war bei -14°C festgefroren. Eingepackt wie das Michelin-Männchen lief ich los - und war begeistert. Endlich spürte ich den Winter wieder einmal so richtig, gerade heraus ins Gesicht. Die Luft war so kalt und frisch, dass es weh tat, die Strassen aalglatt, die Bäume mit Frostnadeln verziert. Und das alles bei Sonnenaufgang - herrlich. Für einen kleinen Moment taten mir all jene leid, die das nicht miterleben durften...

...und dann änderte ich meine Meinung. Morgendliche Läufe bei diesen Temperaturen werden von den meisten mit einem nur noch schwer therapierbaren Knacks im Oberstübchen verbunden, doch das war nicht der Grund: ein anderes Szenario drängte sich mir auf. Wenn noch mehrere auf solche Ideen kämen - wie sähe es dann im Wald aus, so früh am Morgen? Was für ein Gedränge das gäbe! Und im "Schatzchäschtli" sähen die Meldungen bald einmal so aus:
"Ich (w), rosa Odlo-Jacke, traf dich (m), schwarzer Adidas-Trainer und gefrorenen Rotz im Dreitagebart am Dienstag am Üetliberg beim Joggen. Haben uns angesehen. Kann deine strahlende Oakley nicht vergessen. Hast du Lust, das nächste Mal mit mir gemeinsam zu schniefen? Bitte melden: rosa_triefnase@gmx.ch"

...manchmal bin ich froh, nicht ganz dicht zu sein.

Herzlichst,

Fabian

Donnerstag, 12. Februar 2009

Die Sache mit der Motivation

Der Februar ist da, und mit ihm hat der Winter nochmals Einzug gehalten. Ende Januar fingen plötzlich die Temperaturen an zu steigen, der Schnee verabschiedete sich - und viele glaubten an den Frühling.
Zugegebenermassen hatte auch ich meinen Spass - die Tage werden langsam länger, und im Abendlicht zu laufen ist nach wie vor etwas vom Schönsten. Im Wald riecht es plötzlich wieder nach Leben und nicht mehr nach Schnee, die ersten Vögel fangen an zu singen - ja, das ist schon nett.
Anfang dieser Woche aber fegte Quentin (oder wie er hiess) über die Schweiz und stellte so einiges auf den Kopf. Und dann kam der Schnee zurück.
Jetzt ist der Winter wieder da, und meiner Meinung nach ist das auch gut so. Im Februar darf es Winter sein. Ich habe den Schnee lieber jetzt als an Ostern. Und vor allem habe ich die Hoffnung, dass sich die alte Bauernregel als wahr erweist: auf einen rechten Winter folgt ein rechter Sommer.

Dies ist eine schöne Theorie, und ich versuche, mich daran zu halten. Also: Blick nach Vorne. Die Motivation wird sich derzeit bei den meisten im Sinkflug befinden, da bin ich auch keine Ausnahme - es ist das dumpfe Gefühl, auf einem backstein geschlafen zu haben. Man ist müde, Energielos und vor allem: jeden Morgen findet man hundert Gründe, im Bett zu bleiben.
Meine Strategie hierfür: ich suche jeden Morgen fünf Gründe, um aufzustehen. Das ist nicht immer einfach, aber: es funktioniert. Auch wenn es die Freude auf den Frühstückskaffee ist - hat man einen Grund gefunden, das warme Bett zu verlassen, ist auch der Februar zu ertragen. Ich kann es also nur weiterempfehlen.

Ansonsten gibt es einige Patentzerepte gegen den Frühjahrskoller: Lange Trainings im Hallenbad, Läufe im Schnee - oder aber die andere Seite: Tee, Bücher, Badewanne. Und was einem sonst noch so einfällt bei den Temperaturen. Und vor allem: man nehme es mit Humor, selbst wenn die Rad-Ausfahrt am Samstag Nachmittag so endet:


Ich wünsche euch allen einen schönen Start in den Februar - geniesst den Winter, so lange er noch da ist! Geht in den Schnee, nur nicht unbedingt mit dem Rennrad...

Herzlichst,

Fabian