Donnerstag, 29. Januar 2009

Materialschlacht im Becken

Das Hallenbad ist ein schöner Ort, um Leute aller Art kennen zu lernen. Man trifft sich, lernt sich etwas besser kennen und einschätzen, freundet sich an oder beginnt einen Kleinkrieg. Man merkt sich die Gesichter, die stets zur gleichen Zeit auf der gleichen Bahn trainieren und lernt, miteinander klar zu kommen. In den meisten Fällen geht das ganz gut, und so kommt es, dass es in den meisten Hallenbädern nebst den offiziellen Vereinen noch ein paar frei zusammengewürfelte "Schwimmclubs" gibt.

Immer mal wieder geschieht es aber, dass plötzlich Leute aus dem Nichts auftauchen, die niemand je zuvor gesehen hat - und die sich dann aufführen wie ein Kuckuck im Nest. Mitten auf die Bahn, mal um sich schlagen - und dann laut werden, wenn es jemand wagt, ein wenig zu spritzen.
Vor kurzem bot sich mir jedoch ein neues Bild: ein Herr in mittleren Jahren und mit ansehnlichem Umfang kam zu uns, setzte zielstrebig seine Brille auf und liess sich ins Wasser fallen. Das ist der einzig passende Ausdruck, so leid es mir tut. Doch anstatt los zu schwimmen, bot er uns eine regelrechte Show. Zu der Brille kamen hinzu: ein Pull Buoy, Paddles - und Flossen. Und dann ging es los.
Was mich zu der Überlegung führte, wie es zu so etwas kommen kann: einen riesen Berg Equipment bei der Hand, aber absolut keine Idee, wofür man es einsetzen kann. Oder sollte.

Wer meinen letzten Eintrag vom 14. Januar gelesen hat, der weiss: auch ich besitze einiges an sogenannten Schwimmhilfen. Pull Buoy, Paddles, Brett, AntiPaddles, Stabilisations-Paddles und Flossen sind Dinge, die ich immer wieder einmal gerne verwende. Aber: ich setze dieses Equiment ein, um in meinem Trainig an ganz bestimmten Orten gezielte Reize zu setzen, um ausdauernder und schneller zu werden. Hierzu braucht es meiner Meinung nach lediglich ein wenig logisches Denken. Woher kommt also dieser Irrglaube, dass möglichst viel Material einen a) besseren und b) versierteren Schwimmer ausmacht?

Leider ist es auch hier so, dass dahinter zu einem grossen Teil die Marktwirtschaft steht. Die Läden werden überflutet mit Artikeln, die angeblich das Schwimmen vereinfachen, den Stil oder die Technik verbessern und überhaupt alles perfekt machen. Bei jeder dieser Neuerscheinungen hat überdies entweder Ian Thorpe oder gar Michael Phelps an der Entwicklung mitgearbeitet. Und so kommt es, dass oftmals sugeriert und offensichtlich auch geglaubt wird, dass einem diese Dinge ermöglichen, so zu schwimmen wie die oben genannten Topathleten.
Leider sieht es in der Realität aber etwas anders aus. Man braucht nicht eine Tonne an Material neben dem Becken zu haben, um besser zu schwimmen. Ab einem gewissen Level kann es helfen, wenn man es gezielt einsetzt, aber um effizient zu trainieren und gleichzeitig noch etwas Abwechslung zu bekommen, reichen ein einfaches Brett (Kickboard) und ein Pull Buoy.
Und das ist auch, wie die Spitzenschwimmer trainieren: mit Kopf und Körper. Und wenig Equipment.

Ich möchte niemandem den Spass an seinen neuen Paddles verderben oder sagen, dass so etwas gar nichts bringt. Wer jedoch hingegen bereit ist, an sich selbst zu arbeiten, seine Technik zu verbessern und dann konzentriert schwimmt, wird mit Sicherheit mehr erreichen, als wenn er sich auf Schwimmhilfen verlässt, die ihm etwas vorgaukeln, das nicht da ist. Wir alle können schwimmen - auch ohne Plastik.

Ich wünsche euch allen viel Erfolg im Training und viel Spass auf der Bahn!

Herzlichst,

Fabian

Das Photo zeigt Michael Phelps bei einem Startsprung an den Olympischen Spielen. Alle Rechte an dem Bild gehören allein dem Photographen.

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